Netzneutralität – Das Thema wird heiss diskutiert

An unserem nächsten Member Anlass vom 13. Mai begrüssen wir als Gast Nationalrat Balthasar Glättli. Nach der Frühlingssession wird er uns sein erstes Fazit zu seiner Motion „Netzneutralität“ vorstellen. Netzneutralität meint die Gleichbehandlung von Daten und Services im fixen und mobilen Internet in Sachen Tempo und Qualität.

Anfangs März wurden die Bedürfnisse in Bern an einem Open Hearing vorgestellt. Die Teilnahme von Exponenten wie Balthasar Glättli, Nationalrat Grüne, Carsten Schloter, CEO Swisscom, Matthias Stürmer, Geschäftsführer parlamentarische Gruppe digitale Nachhaltigkeit, Simon Schlauri, Jurist mit Fachgebiet Netzneutralität, Brian Tramell, ETH Forscher, und Peter Grütter, Präsident der ASUT, unterstreicht die momentane Brisanz des Themas.

Verletzungen der Netzneutralität bereits Realität

Die Redner waren sich dahingehend einig, dass eine Netzneutralität eine wesentliche Voraussetzung für den weiteren Erfolg des Internets und der Meinungsfreiheit darstellt. Jedoch wurden bereits jetzt diverse Eingriffe in die Netzneutralität festgestellt.

Zitat Inside-IT:

„Simon Schlauri zählte viele Arten von Verletzungen auf. Manchmal möchten Provider grosse Trafficverursacher ausbremsen, um ihre Netze zu entlasten. Öfter geht es aber darum, eigene Services oder Services von speziellen Partnern zu bevorzugen. Eine krasse Form ist die Sperrung einzelner Dienste. Ein holländischer Provider sperrte zum Beispiel WhatsApp, um seine SMS-Umsätze zu halten, andere Mobilanbieter tun ähnliches mit Skype. In der EU verletzt laut Simon Schlauri in rund einem Drittel aller Länder mehr als die Hälfte aller Provider die Netzneutralität.

Schlauri hatte auch Beispiele aus der Schweiz. Swisscom rechnet beispielsweise den Traffic, der von Internet-TV-Anbietern wie Zattoo verursacht wird, auf das Datenguthaben von Kunden an - nicht aber den des eigenen Konkurrenzangebots Swisscom TV air. Cablecom bremst - zumindest laut den AGB - gewisse Dienste wie P2P-Netzwerke zu gewissen Tageszeiten. Sunrise behält sich laut AGB die Sperrung von Internettelefonservices wie Skype im Mobilnetz vor. Balthasar Glättli fügte zudem noch das Beispiel von Orange young an, wo der Musikservice Spotify, mit dem Orange ein Abkommen hat, im Gegensatz zu anderen Musikservices nicht zum Datenvolumen zählt.“

Einigkeit bei Traffic Management

Google, Youtube, Facebook und Pornographie sind für 60% des Internet Traffics verantwortlich. Die grossen Datenverursacher können innovative Dienstleistungen blockieren. Jedes IP-Paket einfach gleich zu behandeln, wäre darum ein "Innovationskiller“, so Schloter. Offene Fragen zum Beispiel im Bereich E-Health oder Intelligente Stromnetze müssen deshalb mit Bezug auf Netzneutralität geklärt werden. Denn in der Zukunft wird noch viel mehr Kommunikation via Internet stattfinden. Dieser Art von Traffic Management mochte niemand der Anwesenden widersprechen.

Gegensätzliche Meinungen bestehen bei der Diskussion, wer und in welcher Form die Regeln für die Netzneutralität in der Schweiz aufstellen soll: Gesetze oder Selbstregulierung. Schloter votierte klar für die letztere Form. Auch Peter Grütter, Präsident ASUT, sprach sich gegen eine eine zu proaktive gesetzliche Regelung aus. Und letztere seien schwierig zu korrigieren.

Zitat computerworld.ch:

„Für Balthasar Glättli muss die Netzneutralität gesetzlich verankert werden, damit für Unternehmen und Konsumenten gleich lange Spiesse bestehen. Es soll verhindert werden, dass die Unternehmen die technischen Möglichkeiten nach ihrem eigenen Gutdünken einsetzen und Geschäftsmodelle entwickeln, die auf Diskriminierung basieren. Dabei wurde er sekundiert von ETH-Forscher Brian Trammell, der darauf hinwies, dass das Internet organisch gewachsen ist und die Gefahr bestehe, dass die grossen Anbieter die kleinen an den Rand drückten.

Einen gewissen Konsens konnte Moderator Matthias Stürmer, Geschäftsleiter der Parlamentarischen Gruppe Digitale Nachhaltigkeit, immerhin feststellen - gegen eine transparente Informationspflicht der Provider gegenüber den Kunden mochte sich keiner der Beteiligten aussprechen.“

Wie weiter?

Wir verfolgen die Diskussion um Netzneutralität und freuen uns auf die Präsentation des aktuellen Standes am 13. Mai. Die Positionen der grossen Provider hierzu sind gemischt: Während Swisscom, Sunrise und Orange die Selbstregulierung befürworten, macht für Cablecom eine Selbstregulierung gemäss Tages-Anzeiger (Quelle unten) keinen Sinn. Der Bund möchte gerne das Thema Netzneutralität zusammen mit der Revision des Fernmelde-Gesetzes angehen. Ob dabei jedoch explizite Verordnungen wie die Transparenz-Pflicht oder lediglich implizite Richtlinien verabschiedet werden, steht in den Sternen.

 

Dieser Post bezieht sich auf Artikel von Inside-IT, Computerworld und Der Bund. Einige Passagen wurden unverändert kopiert.

Link zu den Artikeln:

Inside-It

Computerworld.ch

Der Bund auf dem Blog der parlamentarischen Gruppe "Digitale Nachhaltigkeit"

Weitere Quellen:

http://www.digitale-nachhaltigkeit.ch/2013/03/netzneutralitaet/

http://www.nzz.ch/aktuell/schweiz/minimaler-konsens-ueber-netzneutralitaet-1.18043189

Die Netzwoche widmete bereits im Januar 2013 ein ganzes Heft dem Thema Netzneutralität: 

Videos des Open Hearing

Vortrag Simon Schlauri

 

Aufzeichung Hearing

 

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